20 Sep

Tatmittel Spruchband: Staatsanwaltschaft konstruiert Tatvorwurf gegen Preussenfans

Preussenfans im Gästeblock in Ingolstadt

Am 26.10.2019 gastierte der SCP beim FC Ingolstadt 04 und verschenkte nach einer zwei zu null Führung noch spät sehr wichtige Punkte. Zerrte die ärgerliche Niederlage nicht ohnehin an den Nerven, hatte das Spiel für zwei Preussenfans ein besonders bitteres Nachspiel. Denn diese fanden Sie sich im Laufe des Spiels auf der Stadionwache und in einer Polizeikontrolle wieder. Doch was war passiert?

Zu Spielbeginn zeigten die mitgereisten Anhänger aus Münster eine Choreographie im Gästeblock, im Zuge derer auch grüner und weißer Rauch zu sehen war. Die beiden betroffenen Fans saßen währenddessen auf dem Zaun des Gästeblockes und zeigten mit vielen weiteren Fans ein Spruchband. Beide Personen waren hierbei klar zu erkennen und stiegen nach wenigen Minuten wieder in den Gästeblock herab, um dort den Rest der ersten Halbzeit zu verbringen.  In der Halbzeitpause wurde Preussenfan Niklas (Namen geändert) nichtsahnend von Polizisten in die Stadionwache geführt. Der Vorwurf: Er habe zu Beginn des Spiels Pyrotechnik gezündet. Nach Sichtung der vorhandenen Videoaufnahmen konnte dies schon auf der Wache entkräftet werden, doch die Polizisten hatten einen neuen Vorwurf parat: Durch das Halten des Transparents hätte er Beihilfe zur versuchten gefährlichen Körperverletzung geleistet. Niklas wurde bis weit nach Spielende auf der Stadionwache festgehalten. Nach Ende des Spiels wurde auch Lukas (Name geändert) von der Polizei kontrolliert und mit den Vorwürfen konfrontiert.

Anfang 2020 hatten Niklas und Lukas die unangenehme Erfahrung schon fast vergessen, als Lukas eine Anhörung zum o. g. Verfahren erhielt. Die zuständige Staatsanwältin wollte einen Strafbefehl erlassen, was einem Schuldspruch gleichgekommen wäre. Der zuständige Richter des Amtsgerichts erachtete Niklas und Lukas nicht für hinreichend tatverdächtig und wies die Strafbefehle ab, was nach einer Beschwerde der Staatsanwältin eine Entscheidung des Landgerichts zur Folge hatte. Diese wiederum hielt das Amtsgericht an hierzu im Verfahren eine Entscheidung treffen zu müssen.

Die Sachlage war hier jedoch mehr als klar: Bereits das Zünden von Pyrotechnik, zu der sie Beihilfe geleistet haben sollen, war bereits keine Straftat, da keine Gefahr bestand, dass Menschen sich verletzten konnten. Selbst wenn die Meinung vertreten worden wäre, dass dies als gefährliche Körperverletzung einzustufen ist, handelte es sich bei dem Halten des Transparents nicht um eine Beihilfehandlung. Schließlich war das Transparent objektiv nicht dazu geeignet bei dem Zünden von Pyrotechnik zu unterstützen, da der Zaun kaum Sichtschutz gab. Auch subjektiv bestand für Lukas und Niklas kein Interesse sich selbst zu gefährden. Das Zusammenwirken zwischen dem Halten des Spruchbands und dem Zünden von Pyrotechnik war somit arg konstruiert.

Schlussendlich wurden die beiden Fälle somit im Oktober 2020 vor dem Amtsgericht verhandelt. Im Zuge der Aufarbeitung des mittlerweile lange vergangenen Spieltages war für den Verein Preussen Münster, das sozialpädagogische Fanprojekt und die Fanhilfe Münster klar, dass Niklas und Lukas sich in keiner Weise falsch verhalten hatten und auch in der Zukunft nicht mit einem Fehlverhalten zu rechnen sei. Sowohl der Verein als auch das Fanprojekt bestätigten den Betroffenen dies für den Gerichtsprozess schriftlich. Trotz dessen forderte der FC Ingolstadt 04 pauschal drei Jahre Stadionverbot für Niklas und Lukas. Preussen entschied sich jedoch aus dargelegten Gründen gegen ein Stadionverbot.

Nach Sichtung der Videoaufnahmen empfahl der zuständige Richter einen Freispruch der beiden Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hingegen wollte diesen Freispruch nur gegen die Zahlung einer Geldauflage akzeptieren. Um den Fall abzuschließen, eine mögliche spätere Berufung mit weiteren Verhandlungen zu umgehen, stimmten sie der Einstellung gegen eine geringe Geldauflage zu. Trotzdem mussten Niklas und Lukas sich lange mit dem Fall auseinandersetzen, in dem sie unschuldig einem konstruierten Tatvorwurf ausgesetzt waren und fast mit einem dreijährigen Stadionverbot belegt wurden. Dazu kam ein immenser finanzieller und zeitlicher Aufwand im Rahmen des Verfahrens.

Wieder einmal zeigt sich hier, dass es sich lohnt, polizeiliche Maßnahmen genau zu betrachten und bei Bedarf juristisch dagegen vorzugehen. Solltet ihr hierfür Unterstützung benötigen, wendet euch gerne an die Fanhilfe Münster!

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