04 Sep

Kostet jetzt der Knüppelschlag?

Innenminister Reul hat die Gebührenordnung in NRW geändert. Die „Klimakleber“ sollen nun zahlen, so die Meldungen. Doch die Letzte Generation werden nicht die letzten sein, die künftig für Polizeieinsätze zahlen sollen. Die Regelung richtet sich gegen alle vermeintlichen Störer. Gut möglich also, dass bald auch bei Fußballfans abkassiert wird für Polizeimaßnahmen, die sie verursacht haben sollen. Gibt’s bald also den Polizeiknüppel als Samstagskracher für nur 99 €?

In der Gebührenordnung steht nichts von Klimaklebern oder Fußballfans. „Tätigwerden der Polizei (…) durch unmittelbaren Zwang“ heißt es im Anhang der Gebührenordnung. Und unmittelbarer Zwang ist vieles, vom Wegtragen oder -schubsen bis zum Pfefferspray- oder Schlagstockeinsatz. Für all diese Handlungen sollen den vermeintlichen Störern also nun Gebühren abkassiert werden können. An der neuen Regelung gibt es aber umfangreiche, auch juristische Kritik.

„Herbert Reul wünscht sich Friedshofsruhe, statt einer lebendigen Zivilgesellschaft“,  kommentiert das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“. Das Bündnis kritisiert, dass durch die hohen Gebühren Menschen davon abgehalten werden sollen, für ihre politische Meinung auf die Straße zu gehen. Auch in Fankreisen regt sich Widerstand. Fußballfans sind bereits jetzt oft genug willkürlichem polizeilichen Handeln ausgesetzt. Wenn hierfür künftig noch Gebühren gezahlt werden sollen, könnte der Spielbesuch zum Kostenrisiko werden.

Dem stehen bisher aber noch erhebliche juristische Bedenken entgegen. In der Anhörung des Innenausschusses im Landtag NRW äußerten sich die juristischen Experten kritisch zur Änderung. Bei Versammlungen bestehe die Gefahr, dass wegen des finanziellen Risikos künftig Menschen auf die Teilnahme an einer solchen verzichten. Von einer Gebührenpflicht dürfen keine solchen Auswirkungen auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Grundgesetz ausgehen, so Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler.

Zudem, so auch Prof. Dr. Jörg Ennuschat, fehle es aktuell an einer gesetzlichen Grundlage für die Gebührenerhebung für unmittelbaren Zwang im Polizeigesetz NRW. Um die Gebührenpflicht rechtmäßig einzuführen, braucht es also eine Gesetzesänderung, so die einhellige juristische Einschätzung. Im Gegensatz zur Gebührenordnung, die der Innenminister alleine ändern kann, braucht es für eine Gesetzesänderung eine parlamentarische Mehrheit. Ob es diese gäbe, ist fraglich.

Heißt: Die Expressänderung durch Reul war öffentlichkeitswirksam, ist aber wahrscheinlich rechtswidrig. Ein bekanntes Muster beim Innenminister. Wie die Polizei in NRW mit dem neuen Instrument umgeht, ist noch nicht absehbar. Wenn die Gebührenregelung rechtswidrig ist, ist auch die Gebührenerhebung auf dieser Grundlage rechtswidrig. Es lohnt sich also, juristisch dagegen vorzugehen. Der Knüppelschlag kostet wohl erstmal nichts, dank Reuls schludriger Regelung. Wenn ihr einen Gebührenbescheid erhalten solltet, meldet euch bei der Fanhilfe.

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