Preussenfan nach Funkzellenabfrage unter Generalverdacht
Am 11.12.2021 fand das Revierderby zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund statt. Im Rahmen dieses Spieltags soll es am Kemnader See zu einer Auseinandersetzung zwischen Fußballfans der beiden Vereine gekommen sein. Beim Eintreffen der Polizei wurden allerdings keine weiteren Personen angetroffen. Sichergestellt werden konnten lediglich blaue T-Shirts, blaue und schwarze Schlauchschals sowie Zahnschutze.
Mangels anderer erfolgsversprechender Ermittlungsansätze führte die Polizei eine sogenannte Funkzellenabfrage durch. Dies bedeutet, dass alle Mobiltelefone, die zum Tatzeitpunkt in der entsprechenden Funkzelle eingeloggt waren, festgestellt werden sollen, um Personen zu ermitteln, die sich in dieser Funkzelle aufgehalten haben. Auf Basis dieser Funkzellenabfrage fanden bei zahlreichen Beschuldigten Hausdurchsuchungen statt. Dabei wurden vor allem die Smartphones der Betroffenen beschlagnahmt. So auch das Mobiltelefon des Fanhilfe Mitglieds Tim (Name geändert), über dessen Fall wir hier berichten.
Anlass für die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahmung seines Mobiltelefons war jedoch lediglich die Tatsache, dass ein Mobiltelefon in der Funkzelle des angeblichen Tatorts eingeloggt war, das auf eine Person mit demselben Nachnamen registriert war. Abgesehen von dem Nachnamen passte allerdings nichts zum Profil von Tim: Das Geschlecht der Vertragsinhaberin, sowie die Firma, auf die der Vertrag des Telefons lief, stimmten bspw. nicht überein. Auch Familienangehörige mit einem entsprechenden Namen hat Tim nicht.
Eine Überprüfung, ob die Vertragsinhaberin des Mobiltelefons, das in die Funkzelle eingeloggt war, sich vielleicht schlicht zu einem Spaziergang am Kemnader See aufgehalten hatte, fand durch die Polizei nicht statt. Stattdessen wurde zu einer maximal intensiven Maßnahmen wie der Hausdurchsuchung bei Tim gegriffen, das Smartphone beschlagnahmt und dessen Beschädigung bis hin zur Zerstörung in Aussicht gestellt, falls die Person sich weigert, ihre PIN hinaus zu geben. Dies hätte bedeutet, dass den Ermittlern unzählige private Daten und Informationen zugänglich gemacht werden müssten.
Das Telefon sollte in diesem Fall einer sog. „physikalischen Sicherung“ unterzogen werden, wobei es sich um die Öffnung mit Spezialwerkzeugen handelt. Hierbei ist eine Beschädigung sicher zu erwarten. Jeder Smartphone Nutzer weiß, dass Smartphones heute weit mehr sind als ein einfaches Telefon. Sie sind Kamera, Fotospeicher, Kalender, Tagebuch und vieles mehr. Zahlreiche berufliche, persönliche oder gar intime Informationen befinden sich darauf. Von dem Wert eines solchen Gerätes einmal ganz zu schweigen.
Tim wehrte sich mit Hilfe unserer Fanhilfe Anwältin Lisa Grüter rechtlich gegen die Beschlagnahmung und die in Aussicht gestellte Zerstörung seines Mobiltelefons. Er machte deutlich, dass für seine Beteiligung an der angeblichen Drittortauseinandersetzung ebenso wenig Anhaltspunkte vorliegen, wie für die Behauptung, dass er überhaupt am betreffenden Tage am Kemnader See gewesen sein solle. Nun ist es ihnen gelungen, sich erfolgreich gegen diese Beschlagnahmung zu wehren. Dieser Fall zeigt, dass es sich lohnt, sich nicht alle Maßnahmen gefallen zu lassen und juristisch dagegen vorzugehen.