25 Nov.

Fanhilfen kritisieren Beschlussvorschlag für Innenministerkonferenz

Auf der anstehenden Innenministerkonferenz (IMK) vom 04. bis 06. Dezember 2019 in der Hansestadt Lübeck sollen erneut Gesetzesverschärfungen gegen Fußballfans beschlossen werden.

Die IMK soll demnach unter anderem eine härtere Bestrafung des Abbrennens von Pyrotechnik, eine Reformierung des Landfriedensbruchs sowie den Entzug der Fahrerlaubnis bei Vergehen im Zusammenhang mit Fußballspielen beschließen.

Die Fanhilfen kritisieren allein die Debatte über derlei Maßnahmen als realitätsfremd, unverhältnismäßig und rechtswidrig.

Erst kürzlich wurde im aktuellen Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der wiederholte Rückgang von eingeleiteten Strafverfahren und verletzten Personen im Zusammenhang mit Fußballspielen festgestellt – Ein Trend, der seit Jahren anhält. Weshalb nun also erneut Gesetze verschärft werden sollen, um Fußballfans noch mehr als ohnehin schon zu kriminalisieren, erscheint schleierhaft. Vielmehr scheint es ein erneut billigster Versuch, sich über kurzgedachte und ineffektive Maßnahmen als vermeintlich „durchgreifender“ Law-and-Order-Politiker in der Öffentlichkeit profilieren zu wollen.

Die Erfahrung der Fanhilfen zeigt, dass die bereits existierenden Gesetze und weitgehenden Strafverfolgungsmöglichkeiten bei Fußballfans im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Gruppen bis zum letzten ausgereizt werden. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wird von Polizei und anderen Behörden oftmals kaum bis gar nicht beachtet. Ohne jemals einer Straftat schuldig gesprochen worden zu sein, mit einem bereits bei Zustellung Gebühren verursachenden Betretungsverbotsbescheid bedacht zu werden, ist Zeugnis dessen genug. Ähnliches gilt für die Speicherung in illegalen Polizeidateien, ohne darüber auch nur ansatzweise informiert zu werden. Was an Fußballfans aus Sicht der Sicherheitsbehörden „erfolgreich“ getestet wurde, trifft später auch alle anderen. Inwieweit der Entzug der Fahrerlaubnis beispielsweise zu sichereren Fußballspielen beitragen soll, bzw. dass umgekehrt eine Person, die im Stadion auffällig wird, gleichzeitig nicht fahrtüchtig sein soll, bedarf ebenso mindestens einer Erklärung.

Aus Sicht der Fanhilfen handelt es sich hierbei schlichtweg um Populismus und das auf Kosten von Freiheitsrechten eines jeden Einzelnen.

Bezüglich Pyrotechnik von einer gesellschaftlichen Missbilligung und dem Ausdruck zu verleihen in einer solchen Totalität zu sprechen, erscheint überdies mindestens anmaßend in Anbetracht sicherlich durchaus abweichender Meinungen bei nicht wenigen Menschen, die tatsächlich die Fußballstadien der Republik besuchen. Nicht nur als Fußballfan, sondern auch als gemeiner Steuerzahler fragt man sich doch eingängig, ob es nicht wichtigere Themen auf einer Innenministerkonferenz zu besprechen gibt, die die Gesellschaft in der Tat derlei missbilligt.

Insbesondere im Hinblick auf negative Beispiele in eben jenen Strafverfolgungsbehörden in der jüngsten Vergangenheit sowie eine mangelnde transparente Fehlerkultur und die daraus resultierenden Folgen.

30 Sep.

Gemeinsame Stellungnahme der beteiligten Anwälte und der Fanhilfe Münster zur Einstellung des Verfahrens gegen den Polizeibeamten im Fall des Balljungen

Die Staatsanwaltschaft Münster hat das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten, der im Mai 2019 einen minderjährigen Balljungen während eines Platzsturms der gegnerischen Fans geschlagen und verletzt hat, gemäß § 153a StPO eingestellt.

Die Vorschrift erlaubt es, von der Erhebung einer Anklage abzusehen, wenn die erteilten Auflagen und Weisungen geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht. Eine solche Entscheidung wird durch die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Amtsgerichts getroffen. Die Weisung besteht in Zahlung eines Geldbetrages von insgesamt 900,00 €, wovon die Hälfte an den Balljungen, die andere Hälfte an eine gemeinnützige Einrichtung zu entrichten ist.

Dies entsetzt uns aus mehreren Gründen. Es ist aber aus unserer Sicht keine Überraschungsentscheidung, da wir von Seiten der Staatsanwaltschaften häufiger eine mutmaßlich prinzipielle Parteilichkeit mit Polizeibeamten beobachten müssen.

Aus unserer Sicht steht vorliegend ein vorsätzlich begangenes Vergehen der Körperverletzung im Amt im Raum, das immerhin mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten geahndet wird, und nicht, wie die Staatsanwaltschaft annimmt, allenfalls ein Fahrlässigkeitsdelikt. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung dürfte sich in der Berichterstattung nicht nur in der enormen Reaktion von Fußballfans, sondern auch in den Reaktionen von weiten Teilen der Zivilbevölkerung dokumentiert haben.

In seiner Begründung für die Einstellung behauptet der Staatsanwalt, die mediale Auseinandersetzung sei maßgeblich durch die Eltern oder Anwälte initiiert worden und hätte zudem vornehmlich das weitere Verhalten der Polizei am Abend des Tattages zum Gegenstand gehabt, welches eindeutig gegen die Strafprozessordnung verstoßen hatte und Druck auf den Balljungen und seine Familie aufbaute. Das ist aus unserer Sicht eine Frechheit und verkehrt Ursache und Wirkung.

Nach unserer Erfahrung hat allein der Umstand, dass zahlreiche Videoaufnahmen des in Rede stehenden Vorfalls existieren und diese umgehend medial viral gingen, dazu geführt, dass dieser Fall von unverhältnismäßiger Polizeigewalt überhaupt zu einer formalen Reaktion der Staatsanwaltschaft geführt hat, was die damalige Öffentlichkeitsarbeit des Polizeipräsidiums Münster im Übrigen ebenfalls bestätigt.

Wir verweisen auf die Studie der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung des Kriminologen Tobias Singelnstein, wonach das sogenannte Dunkelfeld bei Fällen von Polizeigewalt aufgrund verschiedener Aspekte ungleich höher ist als bei anderen Straftaten. Die Einstellungsquote in Verfahren von Polizeigewalt ist extrem hoch, die Verurteilungsquote extrem niedrig im Vergleich zur Gesamtzahl aller Straftaten. Singelnstein sieht in derartigen Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt vor allem die Staatsanwaltschaften in der Verantwortung, denen er vorwirft, ihr Verhältnis zur Polizei nicht belasten zu wollen und von der Grundannahme geleitet zu sein, dass Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt in der Regel unberechtigt seien.

Genau dieser Eindruck wird uns im vorliegenden Verfahren bestätigt: Hier hat die Staatsanwaltschaft in einer viereinhalbseitigen Verfügung Ausführungen dazu gemacht, warum das Verfahren eingestellt werden kann. Diese Ausführungen zeigen deutlich, dass der Staatsanwalt hier einen bemerkenswerten juristischen Limbotanz aufführen musste, um zu dem von ihm gewünschten Ergebnis zu kommen.

Aus der staatsanwaltlichen Verfügung geht auch hervor, dass es noch ein persönliches Gespräch zwischen Staatsanwalt und beschuldigtem Polizeibeamten nach dessen polizeilicher Vernehmung gegeben haben muss, in der sich der Staatsanwalt einen „persönlichen Eindruck“ verschaffen konnte. Es dürfte nicht sonderlich überraschen, dass unseren Anwälten derartige Hofierungen von Zivilpersonen, die einer Straftat beschuldigt wurden, nicht bekannt sind.

Wenn im Vorfeld in der Presse kolportiert wurde, dass die erste polizeiliche Vernehmung des beschuldigten Beamten „aus Neutralitätsgründen“ sehr bewusst in Bielefeld stattgefunden hat, so muss man zwar festhalten, dass die Neutralität der Polizei durch die Vernehmung in Bielefeld in gewisser Weise gegeben war. Der weitere Gang des Verfahrens zeigt jedoch, dass auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Neutralität der Staatsanwaltschaft angezeigt gewesen wären.

Diesem strukturellen Defizit kann unserer Erfahrung nach nur durch öffentliche Skandalisierung der Vorfälle begegnet werden. Dies hat vorliegend sehr erfolgreich stattgefunden und aus unserer Sicht dafür gesorgt, dass dieser Fall nicht wie viele andere im Dunkelfeld verbleibt. Dass der Geschädigte hier auf die Hilfe der sogenannten „vierten Gewalt“, der Presse, setzen konnte und musste, sollte von der Staatsanwaltschaft nicht gegen ihn verwendet werden, sondern dieser zu denken geben. Solange die drei Gewalten der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ihre Aufgabe nicht erfüllen, ihre Bürger auch vor gewalttätigen Übergriffen von Polizisten zu schützen, ist eine mediale Skandalisierung gleichgearteter Vorfälle zwingend.

Erschreckend ist unserer Ansicht nach auch, dass durch die Staatsanwaltschaft das Fehlverhalten des Polizeibeamten in erster Linie als sorgfaltswidrig dahingehend ausgelegt wurde, dass dieser in der Annahme gehandelt habe, einen KSC-Fan zu treffen, der unter Missachtung der Anordnung, den Platz lediglich bis zur Mittellinie zu stürmen, die Polizeibeamten hätte passieren wollen. Demnach wäre es wohl in Ordnung gewesen, KSC-Fans zu schlagen, was im Übrigen Videos in anderen Fällen ebenfalls dokumentiert haben (hier und hier).

Darüber hinaus lasse sich, so die Staatsanwaltschaft, die Aussage des Beamten, er habe diese Person durch einen vehementen Schubser/Stoß gegen die Brust eindrücklich zurückstoßen wollen, nicht widerlegen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser dabei „abgerutscht“ sei und „ihn (gemeint ist der Stoß) aus nicht abschließend aufklärbaren Gründen in einer Art und Weise ausgeführt hat, dass der Beschuldigte im Ergebnis mit dem rechten Arm, indem er unglücklicherweise auch noch den Einsatzmehrzweckstock nach Art einer Schiene am Unterarm führte, den Kopf des Geschädigten traf“. Diese „doppelte Sorgfaltswidrigkeit“ (Wahrnehmungsfehler vermeintlicher KSC-Fan sowie Stoß/Schubser-Ausführung) führt letztlich dazu, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt von einem strafbewehrten Verhalten ausgeht, das eine sogenannte Opportunitätsentscheidung im Rahmen einer Einstellung gegen Geldauflage erforderlich macht.

Diese hoch kreative Sachverhaltsauslegung quält die Unschuldsvermutung bis zur Unkenntlichkeit. Die Staatsanwaltschaft macht sich die abwegigen und nur unter dem Druck des vorhandenen Videomaterials geäußerten Einlassungen des Beschuldigten zu eigen und verliert damit aus unserer Sicht jede kritische Distanz. Der Beschuldigte eines Strafverfahrens darf lügen und beschönigen, um den für sich bestmöglichen Ausgang eines Strafverfahrens zu erreichen. Die Staatsanwaltschaft hingegen ist zu Objektivität verpflichtet!

Dass dem beschuldigten Polizeibeamten, der im Rahmen seiner Vernehmung die Einsatzsituation völlig überdramatisiert dargestellt hat und auf Vorhalt der Videosequenzen mehrfach einräumen musste, dass diese sich nicht mit seinen Schilderungen in Einklang bringen lassen, attestiert wird, er habe einen Balljungen nicht derart angehen wollen, ist das eine. Das glauben wir ihm sogar. Dass er aber generell Menschen (und darunter fallen auch KSC-Fans!) so nicht behandeln wollte, glauben wir hingegen nicht. Und dies scheint für die Staatsanwaltschaft auch kein großes Problem darzustellen.

Dass ihm zugute gehalten wird, dass er an einem Ausgleichsgespräch mit dem Geschädigten interessiert war, mag rechtlich vertretbar sein, wir haben uns zu der Art und Weise, mit der die Familie bedrängt wurde und den Gründen der Familie, sich hierfür nicht herzugeben, bereits öffentlich auseinandergesetzt.

Die Staatsanwaltschaft billigt dem Beschuldigten ein sogenanntes „Augenblicksversagen“ im Rahmen seiner von „Gefahr geneigten Umständen“ geprägten, per Definition auf physische Konfrontation mit Dritten angelegten Tätigkeit als Polizeibeamten zu. Das stellt aus unserer Sicht die Gefahr eines Freibriefs für prügelnde Polizeibeamte dar.

Die Einstellung des Verfahrens zeugt von dem unausreichenden und unreflektierten staatlichen Umgang mit Polizeigewalt und kolportiert Bemühungen, Vertrauen in einen funktionierenden Rechtsstaat zu haben. Wir kritisieren die Ermittlungsweise und die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf das Schärfste und sind erschüttert, dass selbst ein derart dokumentierter Fall von Polizeigewalt mit einer Einstellung im bestmöglichen Sinne für den Polizeibeamten abgehandelt wird. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne eine Verhandlung vor Gericht läuft jeglichen Vorstellungen von Objektivität und Transparenz zuwider und lässt Opfer von Polizeigewalt von staatlicher Seite aus wiederholt alleine.

08 Sep.

Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung 2019

Liebe Mitglieder der Fanhilfe Münster,

hiermit laden wir euch zur ordentlichen Mitgliederversammlung ein.

Am Dienstag, 24. September 2019 um 19 Uhr im FANport Münster (Hammer Str. 302, 48153 Münster) wird folgende Tagesordnung anstehen:

TOP 1 Entgegennahme des Jahresberichts
TOP 2 Entgegennahme des Kassenberichts
TOP 3 Entgegennahme des Berichts der Kassenprüfer
TOP 4 Entlastung des Vorstands
TOP 5 Beschlussfassung über Satzungsänderungen
TOP 6 Bestellung des Vorstands
TOP 7 Bestellung der Kassenprüfer
TOP 8 Verschiedenes

Die Mitgliederversammlung ist unabhängig von der Anzahl anwesender Mitglieder voll beschlussfähig.

 

Wir freuen uns auf euer Erscheinen,

der Vorstand der Fanhilfe Münster

26 Juli

Meldeauflage und Bereichsbetretungsverbot rechtswidrig

In den letzten Jahren versuchte das Polizeipräsidium Münster, inoffiziell Deutscher Meister darin zu werden, Meldeauflagen und insbesondere Bereichsbetretungsverbote gegen Fußballfans auszusprechen. Seit 2015 wurden so mindestens 600 Bereichsbetretungsverbote ausgesprochen. Im Januar 2017 erhielt auch unser Mitglied Dieter (Name geändert) eine Anhörung für eine Meldeauflage für das anstehende Derby in Osnabrück sowie eine Anhörung für ein Bereichsbetretungsverbot für das folgende Heimspiel gegen den F.C. Hansa Rostock. Dieter wandte sich daraufhin an die Fanhilfe Münster, da er nie zuvor solche Schreiben erhielt.

Gemeinsam bereiteten wir mit anwaltlicher Unterstützung in beiden Fällen eine Einlassung vor, in der die Polizei Münster aufgefordert wurde, die polizeilichen Erkenntnisse mitzuteilen, auf die sich die Maßnahmen begründen sollten. Dieser Aufforderung kam das Polizeipräsidium nicht nach, sondern sprach wenige Tage nach der eingereichten Einlassung die angedrohte Meldeauflage sowie das Bereichsbetretungsverbot ohne weitere Überprüfung aus. Somit hatte Dieter keine Möglichkeit, sich gegen etwaige Vorwürfe zu wehren. In den Verfügungen der Maßnahmen wurde als einzige, polizeiliche Erkenntnis mitgeteilt, dass Dieter bei einem Gastspiel in Mainz im Februar 2016 bei einer Auseinandersetzung auffällig geworden sein soll und hierdurch in der Datei Gewalttäter Sport unwissend gespeichert worden war, sodann der „gewaltbereiten Fanszene“ zugerechnet wurde. Ein hierzu eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde im November 2016 von der Staatsanwaltschaft Mainz nach §170 Abs. 2 StPO eingestellt, weswegen die polizeilichen Erkenntnisse nicht mehr aktuell waren. Ein Stadionverbot hingegen bestand gegen Dieter zu keiner Zeit.

Hiernach kamen wir zusammen zu dem Entschluss, mit dem von uns vermittelten Anwalt Klage gegen die erhobene Meldeauflage sowie das Bereichsbetretungsverbot vor dem Verwaltungsgericht Münster einzureichen. Nach über zwei Jahren können wir nun das Ergebnis des Verfahrens mitteilen: beide Maßnahmen waren rechtswidrig, was das Polizeipräsidium erst am 14. März 2019 endgültig anerkannte und sich zuerst sogar weigerte, die erst durch die Polizei entstandenen Kosten zu übernehmen, obwohl Dieter keine Chance hatte, sich im Vorfeld gegen die Maßnahmen zu wehren und mit unserer Hilfe finanziell in Vorleistung treten musste.

Im Laufe des Verfahrens behauptete die Polizei Münster sogar, keine Kenntnis gehabt zu haben, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Mit diesem Umstand wurden die Maßnahmen vom Verwaltungsgericht Münster als rechtswidrig erklärt, da erstens das Polizeipräsidium ihre polizeilichen Erkenntnisse hätte überprüfen müssen hinsichtlich ihrer Aktualität und zweitens hätte die Polizei Münster Dieter eine Chance einräumen müssen, ordnungsgemäß auf die polizeilichen Erkenntnisse zu reagieren. Vor gut einer Woche hat dann auch das Polizeipräsidium Münster als letzten Akt die Kosten erstattet.

Mittlerweile beobachten wir eine Veränderung im Vorgehen der Münsteraner Polizei, sodass nicht nur die Zahl der Bereichsbetretungsverbote rückläufig ist, sondern in den Anhörungsschreiben nun auch die polizeilichen Erkenntnisse gegen die betroffenen Personen gelistet werden. Trotzdem stellen wir auch hier fest, dass weiterhin polizeiliche Erkenntnisse zu Rate gezogen werden, die nicht mehr aktuell sind oder gar nicht im Fußballkontext auftreten und zudem Fans betroffen sind, gegen die nicht einmal ein Stadionverbot besteht. Somit wollen wir Betroffene auffordern, sich bei uns zu melden! Der Fall um Dieter zeigt, dass es möglich ist, erfolgreich gegen die polizeiliche Praxis vorzugehen und den blinden Aktionismus einzudämmen!

22 Mai

Kritik zu den Äußerungen des Polizeipräsidenten im Fall des Balljungen

Die Polizei Münster scheint die Notwendigkeit einer öffentlichen Kommunikation erkannt zu haben, wie die Äußerungen des Polizeipräsidenten Hajo Kuhlisch zumindest andeuten. Wir begrüßen dies und den geäußerten Willen zur Aufklärung, auch wenn diese erst nach einer notwendigen, öffentlichen Debatte mit zahlreichen kritischen Stimmen gegenüber der Polizei erkannt worden ist.

Allerdings scheinen wesentliche Kritikpunkte bei der Polizei nicht verstanden zu werden oder wollen nicht verstanden werden. Zweifelsfrei gehört es zu den Aufgaben der Polizei, Personalien von Geschädigten festzustellen und Beweismaterial zu sichten. Aber wieso wurde der geschädigte Balljunge direkt im Krankenhaus ohne Kenntnis und Anwesenheit der Eltern vernommen, obwohl diese ein Anwesenheitsrecht haben, da ihr Sohn minderjährig ist? Zu kritisieren ist zudem, dass die Sicherung der Beweisvideos spätabends am Tag der Tat zuhause bei der Familie des Opfers geschieht, obwohl die Videos schon zu diesem Zeitpunkt im Internet frei verfügbar waren und ein Besuch zu menschenfreundlichen Zeiten genauso möglich und nicht weniger effektiv gewesen wäre.

Allein der dadurch aufgebaute Druck auf die Familie erzeugte bei ihr ein Gefühl des Bedrängtwerdens, der durch mehrmalige Anrufe der Polizei samt eines vorgeschlagenen Gesprächstermins in den folgenden Tagen nur verstärkt worden ist, weswegen die Familie das Gesprächsangebot nach Rücksprache mit unserer Anwältin Lisa Grüter ausgeschlagen hat. Dass die Polizei dies nicht so sehen mag und die Familie laut des Polizeisprechers „bislang als offen und kooperativ“ bezeichnet, erzeugt einen Beigeschmack, der die Familie und nicht den tätlich gewordenen Polizeibeamten in den Fokus stellen soll, obwohl der Polizeibeamte der Täter ist.

Unsere Anwältin Lisa Grüter äußert sich hierzu wie folgt: „Solange sich der Verdacht nicht ausräumen lässt, dass dieser Austausch hier ausschließlich aus zweckdienlichen Motiven und wegen der eindeutigen Beweislage und der Angst vor schlechter Presse gesucht wird, habe ich vollstes Verständnis, dass der Betroffene sich dafür nicht hergeben möchte.“

Die weiteren Kritikpunkte der Debatte der letzten Tage berücksichtigt der Polizeipräsident ebenso nicht, was davon zeugt, dass weiteren kritischen Fragen ausgewichen wird, um von diesen Punkten abzulenken:

  1. Wieso kann die Polizei am Montag nach dem Spiel gegenüber den Westfälischen Nachrichten keine Aussage zum Tathergang geben, obwohl die Ermittler schon samstags so eifrig waren und der Fall zu dem Zeitpunkt schon bekannt war?

  2. Wieso bleibt der Eindruck der Tatbeteiligung der Karlsruher SC-Fans somit solange bestehen, bis dieser öffentlich widerlegt werden musste und zwar nicht von der Polizei?

  3. Warum gibt es keine Entschuldigungsversuche gegenüber den von Polizeigewalt betroffenen KSC-Fans, von denen mehrere bereits Anzeige gegen Polizeibeamte gestellt haben?

Uns zeigt sich in der öffentlichen Debatte ein Bild, in der die Polizei versucht, Schaden von sich abzuwenden, den sie aber selbst zu verantworten hat. Im bisherigen Vorgehen der Polizei kommt der Verdacht auf, dass die Polizei nur ihre eigenen Interessen und nicht die Interessen einer umfassenden Aufklärung im Sinne des minderjährigen Opfers und der geschädigten KSC-Fans verfolgt.

20 Mai

Polizeigewalt gegen Balljungen – Update

Im Fall des verletzten Balljungen hat unsere Anwältin die rechtliche Betreuung des Jungen und seiner Familie übernommen. Sämtliches Videomaterial liegt bei ihr.
Das Gespräch mit der Polizei wurde abgesagt und hat nicht – wie in wenigen Medien seitens der Polizei behauptet – stattgefunden.

15 Mai

Polizeigewalt gegen Balljungen – Kritik an der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit

Am 13.05.2019 kritisierten die Fanhilfen aus Karlsruhe und Münster zusammen das Verhalten der Polizei bei den Aufstiegsfeiern des Karlsruher SC im Preußenstadion. Insbesondere der Schlag eines Polizisten gegen einen Balljungen fand im Nachgang große Beachtung. Wir kritisierten die Suggerierung der Polizei einer Tatbeteiligung oder zumindest Begünstigung durch Karlsruher Zuschauer. Trotz Beobachtungen in Fankreisen und im Internet verfügbarer Videos blieb die Polizei dabei, „dass ihnen genaue Erkenntnisse über die Ursache für die Verletzung bisher nicht vorlägen.“ (Westfälische Nachrichten, 13.5.2019). Einen Tag nach den Veröffentlichungen der Fanhilfen twitterte die Polizei Münster dann:

„Danke für die vielen Hinweise auf Videos zum Vorfall am Samstag beim Spiel #SCPKSC in #Münster. Wir haben die Ermittlungen aufgenommen und das Material gesichert. Derzeit wird dies ausgewertet, um Beteiligte zu identifizieren.“

Uns liegen nun Erkenntnisse vor, die die öffentliche Darstellung der Polizei unglaubhaft erscheinen lassen: Bereits im Krankenhaus wurde der Balljunge von der Kripo aufgesucht. Er sagte aus, dass er von einem Polizisten geschlagen wurde. Im weiteren Verlauf folgte ein Gesprächsangebot seitens der Polizei und des tätlich gewordenen Polizeibeamten an das Opfer (Antenne Münster inkl. Audiobeiträge, 14.05.2019).

Die Polizei wusste frühzeitig um den Tathergang. Warum wurde trotzdessen die Unterstellung gegenüber den KSC-Fans so lange und trotz konkreter Nachfragen durch Medienvertreter aufrecht erhalten?

Die Fanhilfe Münster steht mittlerweile in Kontakt mit den Eltern des Balljungen und wird bei der weiteren Aufarbeitung umfangreich behilflich sein. KSC-Fans haben bereits Anzeige gegen Polizisten gestellt.

Es zeigt sich, dass ein Einwirken und stetes Beobachten von außerhalb nötig ist, um Ermittlungen bei Polizeigewalt anzustoßen. Die Pressearbeit der Polizei scheint sich dabei an bekannten Mustern zu orientieren:

„Immer wieder verbreiteten offizielle Polizeikonten falsche Informationen. Mit ihrer Berichterstattung in Echtzeit nützt die Polizei die Möglichkeit zur politischen Einflussnahme auf das Geschehen, ihre Tweets landen als Fakten in den Medien. Spätere Richtigstellungen verschwinden im Nachrichtenstrudel“ (Netzpolitik.org, 05.03.2018).

13 Mai

YouTube-Videos dokumentieren Polizeigewalt beim Spiel SC Preußen Münster gegen den Karlsruher SC

Im Nachgang der Drittliga-Begegnung zwischen dem SC Preußen Münster und dem Karlsruher Sport-Club berichteten verschiedene Medien über Verletzungen eines Balljungen, die dieser im Zusammenhang mit dem Platzsturm der KSC-Fans davongetragen haben soll. In der Meldung der Münsteraner Polizei (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11187/4267720) heißt es dazu:

„Nachdem der Aufstieg des Sportclubs aus Karlsruhe feststand, betraten mehrere hundert Anhänger der Baden [sic!] den Rasen und feierten ihre Mannschaft. In diesem Zusammenhang wurde ein 13-jähriger Balljunge leichtverletzt und musste im Krankenhaus behandelt werden. Die genaue Ursache für die Verletzung muss noch geklärt werden.“

Auch wenn KSC-Fans nicht explizit als Täter genannt werden, suggeriert der Polizeibericht eine Tatbeteiligung oder zumindest Begünstigung durch Karlsruher Zuschauer. Unterstützt wird diese Einschätzung durch den Online-Bericht der Westfälischen Nachrichten vom 13. Mai 2019 (https://wn.de/Muenster/3776508-Platzsturm-im-Preussen-Stadion-Verletzter-Balljunge-Polizei-ermittelt), in dem es ergänzend zur Polizeimeldung heißt:

„Vermeintliche Augenzeugen behaupteten im Internet auf Facebook, dass ein Polizeibeamter den Jungen verletzt haben soll. Die Polizei teilte mit, dass ihnen genaue Erkenntnisse über die Ursache für die Verletzung bisher nicht vorlägen. Man wolle im Zuge der Ermittlung jetzt das Bildmaterial auswerten.“

Durch ein YouTube-Video* (https://www.youtube.com/watch?v=FSlojbAgo4k) wird diese These und die suggerierte Unterstellung gegen die KSC-Fans nicht nur widerlegt, sondern viel mehr ein Fall klarer Polizeigewalt zum Nachteil des SCP-Balljungen dokumentiert. Zu sehen ist, wie der mit einer roten Jacke bekleidete Junge, von den heranstürmenden Fans unbeeindruckt, in Richtung Mittellinie läuft. Dort wird er von einem Polizeibeamten unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen (Minute 1.13 im Video). Der Balljunge entflieht der Situation mit einem kurzen Sprint, ehe er nach wenigen Metern vor Schmerzen zusammenbricht und etwas später von Sanitätern versorgt wird.

Kurze Zeit später zeigt dasselbe Video, wie ein Fan mit lila Pullover auf die feiernden Spieler zugeht und von einer anrennenden Polizeieinheit weggestoßen wird (Minute 1.30 im Video).

In einem weiteren Video (https://www.youtube.com/watch?v=yBkc8aQrhLg) ist zu sehen, wie ein Beamter oberhalb des Anstoßpunktes einem vorbeigehenden KSC-Fan, bekleidet mit blauer Collegejacke und weißer Mütze, ein Bein stellt (Minute 4.33 im Video). Der Mann fällt daraufhin zu Boden. Kurz zuvor sieht man bei Minute 4.25 ebenfalls den Schlag des Polizeibeamten gegen den Balljungen.

Die Fanhilfen Karlsruhe und Münster verurteilen das Vorgehen der Polizeibeamten und fordern eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle, sodass die Straftaten nicht innerhalb der Polizei verschleiert werden! Zur Wahrung seiner Rechte bietet die Fanhilfe Münster dem Balljungen ihre Hilfe, u.A. in Form von anwaltlicher Unterstützung, an und befindet sich in Gesprächen mit dem SC Preußen Münster. Die Fanhilfe Karlsruhe bittet die betroffenen KSC-Fans, sich zu melden, um gemeinsam eine Anzeige gegen den Polizisten vorzubereiten. Die Betroffenen sowie auch weitere Betroffene und Zeugen dürfen gerne die Fanhilfen aus Münster (info@fanhilfe.ms) oder Karlsruhe (kontakt@fanhilfe-karlsruhe.de) kontaktieren.

*UPDATE (14.05.2019): Da das Originalvideo aus der Ursprungsmeldung heute gelöscht worden ist, verlinken wir hier einen Ausschnitt aus dem Originalvideo, in welchem ab Minute 0.43 in SlowMotion die betreffende Szene mit dem Balljungen zu erkennen ist (https://www.youtube.com/watch?v=K3JNGd5Hawg). Die Aktion mit dem KSC-Fan im lila Pullover ist in diesem Video bei Minute 1.01 zu sehen.

03 Apr.

Täterbeschreibung: „Schwarze Jacke“

Das Auswärtsspiel in Duisburg im Februar 2017 wird wohl nur noch wenigen Preußen-Fans in guter Erinnerung sein. Vor dem Spiel gab es etliche Betretungsverbote, etwas Pyro wurde abgebrannt, wobei ein Bengalo auf die Rollstuhlfahrerplätze flog und der MSV drehte das Spiel in den letzten Minuten. Fanhilfe-Mitglied Sven (Name geändert) hatte das Spiel schon fast vergessen, als die Polizei eines Morgens an seiner Tür klingelte und einen Durchsuchungsbeschluss vorzeigte.

Der Gästeblock beim Spiel in Duisburg im Februar 2017. (Foto: privat)

Nachdem die Polizisten die Wohnung wieder verlassen hatten, wandte sich Sven an die Fanhilfe und bekam eine Anwältin vermittelt, die Licht ins Dunkel brachte. Es bestehe der Verdacht, dass er den besagten Bengalo geworfen haben soll. Vorwurf: versuchte gefährliche Körperverletzung.

Zunächst blieb für Sven unklar, wie sich dieser Verdacht begründet, der ausreichte, um eine Hausdurchsuchung durchzusetzen. Schneller war hingegen der MSV Duisburg, der ein zweieinhalbjähriges Stadionverbot gegen den vermeintlichen Übeltäter verhängte.

Für Sven hieß es, die Gerichtsverhandlung abzuwarten, damit er freigesprochen werden würde und er wieder ins Stadion gehen könnte. Die Verhandlung fand im Sommer 2018 statt. Wichtigstes Beweismittel war die Aussage einer Ordnerin, die den Werfer gesehen haben wollte. Eine schwarze Jacke solle dieser getragen haben, so ihre Aussage. Genaueres konnte sie nicht sagen. Das Urteil des Gerichts fiel eindeutig aus: Freispruch. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Zeitnah beantragte Svens Anwältin beim MSV die Aufhebung des Stadionverbots. Was nach einem Fingerschnipp klingt, entwickelte sich mehr und mehr zur Geduldsprobe. Der MSV weigerte sich, Tage und Wochen vergingen und mehrere Kanäle wurden beansprucht. Etliche Versuche später wurde das Stadionverbot im Januar 2019 aufgehoben. Ein Dank für die Mithilfe hierbei geht an den Sicherheitsbeauftragten des SC Preußen und engagierte MSV-Fans.

Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchung und eineinhalb Jahre Stadionverbot – alles wegen einer dünnen Aussage, die wohl auf 80% der Gästefans zugetroffen hat. Was bleibt, ist einer von vielen Fällen, der die Bedenklichkeit der Stadionverbotsvergabepraxis vieler Vereine und des DFB unterstreicht.

Jetzt Fanhilfe anrufen!