05 Dez

Die Änderungen der StPO und ihre ersten Auswirkungen

Im Sommer wurden im Bundestag mehr schlecht als recht Änderungen der Strafprozessordnung (StPO) beschlossen. Weitreichende Grundrechtseingriffe und Ausweitungen der polizeilichen Befugnisse wurden dabei in einem Eilverfahren verabschiedet. Waren die Vorschläge zur Änderung der StPO lange Zeit unerheblich, änderten sich die Vorschläge zum 20.06.2017 erheblich und wurden nur zwei Tage später vom Bundestag verabschiedet. So reicht für das Überwachen von Telefonen und Computern nun schon ein Anfangsverdacht sogenannter Alltagskriminalität (bspw. Raub oder Betrug) und die Polizei kann bei bestimmten Verkehrsdelikten ohne richterliche Anordnung Blut abnehmen lassen (weiterführende Informationen der Schwarz-Gelben Hilfe).

Eine weitere schwerwiegende Änderung birgt der neue §163 Abs. 3 StPO: Einer rein durch die Polizei angeordneten Vorladung muss man weiterhin nicht nachkommen. „Wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt“ ist man nun aber verpflichtet, zu erscheinen. Wie genau dieser Auftrag der Staatsanwaltschaft auszusehen hat, wurde nicht definiert. Kann die Polizei euch ansprechen, kurz einen Staatsanwalt anrufen und euch dann zur Zeugenaussage zwingen, ist eine schriftliche Vorladung mit staatsanwaltschaftlichem Auftrag notwendig oder reicht gar ein pauschaler Auftrag? Das alles war (und ist immer noch) unklar und die künftige Anwendung in der Praxis bereitete uns damals schon Sorgen.

Die Rot-Schwarze Hilfe Nürnberg berichtet nun von ersten Erfahrungen mit dem veränderten Paragraphen. In den Fällen kamen Glubb-Fans einer Zeugenvorladung der Polizei nicht nach. Diese Zeugen erhielten nun aber keine neue Vorladung mit Auftrag der Staatsanwaltschaft, sondern Besuch der „Polizeibeamten höchstpersönlich, wobei sie den Betroffenen ein knappes Schriftstück der Staatsanwaltschaft unter die Nase hielten. Daraufhin nahmen die Polizisten die Betroffenen sofort mit auf die Wache, um dort die jetzt angeblich nicht mehr zu verweigernde Aussage entgegen zu nehmen.“ Dort wurden die Zeugen nicht über ihr Recht auf anwaltlichen Beistand belehrt und die Situation genutzt, um die Zeugen ohne die ihnen zustehenden Schutzrechte vorzuführen.

Dieses Beispiel aus der Praxis zeigt, wie die Ermittlungsbehörden sich die neuen Gesetze zunutze machen. Wichtig ist in einem solchen Fall, dass ihr eure Rechte kennt!

Auch als Zeuge habt ihr grundsätzlich das Recht auf die Anwesenheit eines Anwalts bei der Vernehmung! Weist die Polizisten darauf hin, dass ihr zwar zu einer Zeugenaussage bereit seid, diese allerdings erst nach Hinzuziehung eines Anwalts tätigen werdet. Vermeidet es, euch zu einer sofortigen, übereilten Aussage hinreißen zu lassen.

Für weitere Rückfragen zu Zeugenvorladungen und anderweitigen Kontakten mit Polizei und Justiz stehen wir selbstverständlich für euch bereit.

Eure Fanhilfe Münster

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